Hirn mit Zahnarztspiegel: Manchmal ist es wirklich, wie es isst

Die Donau fließt in Budapest weiterhin stromabwärts, auch wenn Der Connaisseur – erneut ohne Die Cuisinière, kulinarische Kuriositäten wie Dosa Masala, Pithivier und noch einiges mehr verkostete.

Wolfgang Fischer & Jacqueline Pfeiffer
Jacqueline Pfeiffer & Wolfgang Fischer
Die Cuisinière und Der Connaisseur
Getrennt marschieren, vereint kritisieren: Die Cuisinière Jacqueline Pfeiffer und Der Connaisseur Wolfgang Fischer

Da das Onyx aus der vorwöchigen Lokalen Kritik sternelos blieb, wähnte sich Der Connaisseur berufen, eine zweite Budapester Restauration erneut ohne der Cuisinière aufzusuchen. Rechnete aber nicht mit ihrer Recherche-Begabung. „Was heißt sternelos?“, empörte sie sich. „Onyx hat doch den Grünen Michelin-Stern bekommen, oder?“ Da wurde Der Connaisseur herzlos direkt. „Der interessiert mich Nüsse, zählen tut nur rot!“ Nachdem sie ihre Sprachlosigkeit – die er sehr genoss! – überwunden hatte, sagte sie beinahe verachtend: „Alter weißer Mann!!“ Möglicherweise sogar mit Anspielung auf seine Statur!

Aber Bodyshaming war nie seines, außerdem fand die Debatte nach seiner Rückkehr in Wien statt und also war das zweite Lokal – mit „echtem Stern“ – bereits besucht! Und dieses heißt Rumour, ebenfalls in der Budapester Innenstadt. Auch hier ein spannender Eindruck: das Lokal findet man kaum, Gäste warten vor der Türe, einer ruft an, dann wird man durch ein Eisgeschäft in Art einer Dessert-Boutique und durch eine Kühlhaustür mit Kälteschutzvorhang in das eigentliche Restaurant eingelassen.

Eingang zum Restaurant Rumour durch die Dessert Boutique Mon Petit, in Budapest
Wenn man es weiß, kein Problem … der versteckte Eingang ins Rumour …Privat
eine signiertes Kühlhaustür, als Eingangstür in das Restaurant Rumour in Budapest
… fachgerecht versteckt hinter einer Kühlhaustür samt KälteschutzvorhangPrivat

Ebenfalls dunkel und als Chef’s Table aufgebaut, bekommt man hier acht Gänge plus Gedeck (für 163 Euro). Und auch hier ein interessantes Verhältnis: sechs Köche und sechs Kellner für 21 Gäste.

Die quasi „Butter“ Präsentation: „108 Years old leaven Wheat from Bankut„, mit Olivenöl, Butter und Entenfett – „witzig und abwechslungsreich“.

Das alte Sauerteig-Brot aus angeblich ganz speziellem ungarischen Weizen aus Bankut, serviert auf Heu mit Zapfen, Restaurant Rumour, Budapest
Das alte Sauerteig-Brot aus angeblich ganz speziellem ungarischen Weizen aus BankutPrivat
Das Gedeck mit 4 verschiedenen Fetten und dem 108 Jahre kultivierten Sauerteig, Restaurant Rumour Budapest
Seit 108 Jahren kultivierter Sauerteig samt Fett in diversen VariantenPrivat

Bevor es wirklich losging, wurde noch „das Feuchttuch gereicht“ und er fühlte sich in frühere Zeiten versetzt. – „Ja, das war damals gang und gäbe, ich hab’s gerne!“, bringt sich Die Cuisinière ein. – „Allerdings wäre es von Vorteil, wenn es vor dem Brot gereicht werden würde …“, monierte Der Connaisseur. – „Musst du immer was zum Aussetzen haben …“, gab sie ihm dennoch – allerdings ungern – recht!

Die Amuse-Bouches:Rote Rüben Macaron, Gänseleber & Portwein, Vitello Tonnato mit Liebstöckel und Linsen, Tartlet mit Lachstatar und Forellenkaviar waren eine gute Einstimmung. Vor allem die Gänseleber. „Wenn auch ein bisschen klein“, beschwerte sich Der Connaisseur, zu wenig von einem seiner Lieblingsgerichte bekommen zu haben.

„Tja, ein Amuse ist halt ein Amuse…“, kehrte sie ihre gastronomische Bildung hervor. – „Jetzt tu nicht so!“, konterte Der Connaisseur der Cuisinière, „du isst sie ja auch gerne und wenn du schon seit langem wieder einmal in Ungarn gewesen wärst, hättest du nicht anders gedacht …!“ – Sie murmelte ihre Antwort, was es ihm leichter machte, diese schlicht zu überhören!

Amuse bouches : Rote Rüben Macaron, Gänseleber & Portwein, Vitello Tonnato mit Liebstöckel und Linsen, Tartlet mit Lachstatar und Forellenkaviar, Restaurant Rumour
Rote Rüben Macaron, Gänseleber & Portwein, Vitello Tonnato mit Liebstöckel und Linsen, Tartlet mit Lachstatar und ForellenkaviarPrivat

Der BBQ-Butternusskürbis als vegetarischer Einstieg hat einmal mehr gezeigt, was man mit Kürbis alles anfangen kann. „Natürlich mit Pinzetten angerichtet!“, provozierte er Die Cuisinière. Denn er wusste, das ist ein Utensil, das niemals in ihrer Messertasche zu finden wäre! Und wollte ihr damit auch Ihre Absenz in Budapest leichter machen.

Blieb übrigens ein gänzlich untauglicher Versuch!

BBQ-Butternusskürbis mit Ziegenkäse, Tomatenconsommé, Granatäpfel und Kürbiskernöl, Restaurant Rumour, Budapest
BBQ-Butternusskürbis mit Ziegenkäse, Tomatenconsommé, Granatäpfel und KürbiskernölPrivat

Das Beef-Sandwich mit Osietra Kaviar, Kren und Granny Smith Apfel war originell und hat geschmeckt, über die Kombi Kaviar und Kren wunderte sich Der Connaisseur, Die Cuisinière stimmte gnädig zu. Das sei tatsächlich eine eher unbekannte Kombination. „Das ist dir bisher nicht in den Sinn gekommen?“, wähnte er Oberwasser. Sie betrachtete es als rhetorische Frage … und blieb die Antwort schuldig!

Beef-Sandwich mit Osietra Kaviar, Kren und Granny Smith Apfel, Restaurant Rumour, Budapest
Beef-Sandwich mit Osietra Kaviar, Kren und Granny Smith ApfelPrivat

Nächster Gang: Vichyssoise, diesfalls „Good Old Style“, und mit Miesmuscheln, Uganda Vanille und Regenbogenforellenkaviar. „Mit dem Kaviar haben sie es“, konnte sie sich nicht verhalten. – „Aber geschmeckt hat’s“, konterte er!

Vichyssoise mit Miesmuscheln, Uganda Vanille und Regenbogenforellenkaviar, Restaurant Rumour, Budapest
Vichyssoise mit Miesmuscheln, Uganda Vanille und RegenbogenforellenkaviarPrivat

Nächster Gang: Kartoffel Dosa Masala. Was das sein könnte, prüfte er Die Cuisinière ab. Ihre Antwort: „Boah, da steh‘ ich an, ich muss Professor Google fragen!“, schien ihr Grant etwas verraucht ob der Zurücklassung. Sie gibt’s wenigstens zu, vermeinte Der Connaisseur die Oberhand zu gewinnen.

Sie weiter in sympathischer Offenheit: „Eine originelle Idee, kommt wohl aus Südindien.“ Und nach genauer Betrachtung der Fotos (und des Menüs): „Jedenfalls dürfte es mit den Kartoffeln abgewandelt worden sein, umwickelt mit Mangalitza Schinken und gefüllt mit geräucherter Sour Cream – wohl eine ebenso leichte wie herzhafte Sache!?!“, lachte sie den Connaisseur an. „Endlich ungarisch üppig“, antwortete er.

Kartoffel Dosa Masala mit Mangalitza Schinken und geräucherter Sour Cream, Restaurant Rumour, Budapest
Kartoffel Dosa Masala mit Mangalitza Schinken und geräucherter Sour CreamPrivat

„Aber was anderes?“, so Die Cuisinière mit strengem Adlerblick auf den linken oberen Rand des vorgelegten Fotos. „Hast du tatsächlich das Feuchttuch boykottiert?!!?“ Leicht zitternd erwiderte Der Connaisseur: „Das, was du siehst, war wirklich nicht meines!!“

Als nächster Gang musste es der gebrannte Karfiol mit Sauce Hollandaise und brauner Butter, luftgetrockneten Rindsbackerln und Shimeji-Pilzen sein. „Karfiol ist das neue In-Gemüse und vom Wareneinsatz her auch sehr günstig“, wirft Die Cuisinière ein.

Gebrannter Karfiol mit Sauce Hollandaise und brauner Butter, luftgetrockneten Rindsbackerln und Shimeji-Pilzen, Restaurant Rumour, Budapest
Gebrannter Karfiol mit Sauce Hollandaise und brauner Butter, luftgetrockneten Rindsbackerln und Shimeji-PilzenPrivat

Dann kam das Enten-Pithivier, schildert Der Connaisseur den Küchenstil quer durch viele Epochen. Und prüft Die Cuisinière erneut ab, was das denn wieder sei.

Sie schwelgt in Erinnerungen, habe das schon ewig nicht mehr serviert bekommen und noch länger nicht mehr selbst gekocht. Der Connaisseur erkennt leichtes Oberwasser und wird frech: „Wie? Du konntest das auch einmal?“

Die Pithivier war nicht nur schön aufgebaut, sondern sie hat auch gemundet. „Wenn sich langsam das Baucherl füllt, gell Herr Connaisseur“, retournierte sie.

Der Käsegang war in der Menükarte mit drei Fragezeichen beschrieben … „Also auch wenn man schon von den Eindrücken gesättigt war – aber jetzt?“ schilderte Der Connaisseur etwas aufgebracht: „Hirn auf einem Zahnarzt-Tablett mit Spiegel.“ Crazy!

Die Cuisinière war erstmals wirklich froh, nicht dabei gewesen zu sein, sagte sie unter Verweis auf ihre Zahnarzt-Phobie. „Und was war es dann eigentlich?“ – „Ein Mousse aus 30 Monate lang gereiftem Parmesan mit Tomaten-Chutney und Tomaten-Gelee!“ – „Dazu dieses Fizzy-Zeug. Wie hat denn das damals geheißen, was im Mund explodiert und Geräusche machte?“, fragte er die weit jüngere Cuisinière.

Sie überlegte und überlegte, um dann ablenkend einwerfen: „So etwas zu kreieren und präsentieren, da muss man schon speziell drauf sein.“ Während er eher der Frage nachging, wie das technisch produziert wird und man die Form herbekommt. Aber auch darauf blieb die Antwort aus.

Käsegang in Form eines Hirns mit Zahnarztspiegel, am Metalltablett, Restaurant Rumour, Budapest
Das Gericht stand nur als "???" auf der Karte …Privat

Mittlerweile wurde die Küche zur Patisserie umgebaut. „The Forgotten Banana“ war eine witzige Anlehnung an eine zu lange liegen gelassene und daher schon braune Banane.

the forgotten banana, Restaurant Rumour Budapest
"The Forgotten Banana"Privat

„Die China-Puppe und das Michelin-Manderl“ bezeichnete er auch als eine witzige Kombi. Alles zusammen, hat sich Jenő Rácz sein eigenes, kleines Museum aufgebaut, mit Glas-Vitrinen, wo seine besonderen Kochjacken, Auszeichnungen und manch andere gastronomische Erinnerungsstücke hinter Glas, neben der Toilette und der hauseigenen Bar im ersten Stock, zu betrachten sind.

Chinapuppe und Michlin Manderl im Restaurant Rumour, Budapest
2 Puppen aus 2 Welten treffen aufeinanderPrivat

Die Petit Fours – Mandarine, Hollunder, Cheesecake und Esterházy – wurden überdimensional präsentiert. „Was bei manch anderen Gerichten auch zu erkennen ist“, ätzte Die Cuisinière. – „Manches Drumherum war viel. Und ob man es braucht, sei dahingestellt. Im großen Glas sozusagen“, stimmt er ihr durchaus zu.

Petit Fours: Mandarine, Hollunder, Cheesecake und Esterházy, Petit fours, Restaurant Rumour Budapest
Petit Fours: Mandarine, Hollunder, Cheesecake und EsterházyPrivat

Der Connaisseur hatte diesmal das letzte Wort und meinte zur Cuisinière: „Sag, Esterházy, war da nicht einmal was?“ Und dachte dann: Mit einem Profi wie der Cuisinière zu testen, macht doch mehr Spaß! Und ist weniger Arbeit! Vielleicht sagt er es ihr irgendwann einmal.

Etwas anderes muss Der Connaisseur bei der Cuisiniére aber dann doch noch loswerden: „Sei froh, dass du nicht dabei warst.“ – In der Sekunde sah sie auch die drei Fragezeichen in der ihr von ihm als Souvenir mitgebrachten Rumour-Menükarte. – „Was will er mir sagen?“ murmelte Die Cuisiniére. – „Die Musik war auch so laut, man konnte sich kaum gescheit unterhalten“, versuchte er sich tröstlich. – „Aber das Essen!!!“, hatte Die Cuisiniére doch wieder das letzte Wort. Weil, wo sie recht hat sie recht, dachte sich Der Connaisseur still.

Die Menükarte vom Restaurant Rumour, Budapest
Souvenir: Die Menükarte des Rumour mit den berühmten ???Privat
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Lokal

Dieses Restaurant haben wir in dieser Kritik besucht:

Rumour by Rácz Jenő

Petöfi tét 3-5, 1051 Budapest
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